Wer nicht dabei sein konnte, hat hier die Möglichkeit, die Gedanken zu unserer zukünftigen Arbeit nachzulesen.

Unter der Überschrift: Jugendarbeit muss politisch sein

Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die Chance so Viktor Hugo,
Sie lieber Herr Heckmann [Mitgründer des SJR  im Jahr 1948], gehörten zu den Mutigen, die vor 70 Jahren die Zukunft gestalteten und anpackten.
Nach dem Sieg über den Faschismus, entstand der Gedanke, dass „die“ deutsche Jugend eine demokratische Zukunft braucht und, dass die Jugend die Trägerin dieser Zukunft und dieser damals neuen Demokratie sein muss.
Hier liegen die Wurzel und der Grund der Jugendarbeit in Deutschland und Weinheim.
Mein Thema ist die Zukunft der Jugendarbeit. Aber keine Zukunft ohne Rückblick.
Fünf Gedanken und daraus drei Wünsche:

1. Jugendarbeit in Weinheim muss politische sein/werden.

Dies ist gleichzeitig mein Grundverständnisses: unpolitische Jugendarbeit ist keine Jugendarbeit.
Damit ist keine Parteipolitik gemeint und auch nicht das Durchsetzen solitärer Einzelinteressen. Es geht um die gesamte Breite der politischen Bildung. Es geht um Verantwortung, Verständnis, Demokratie und Toleranz, Beteiligung und Partizipation. Daher unser Engagement bei der Bundestagswahl, der OB Wahl oder nächstes Jahr bei der Kommunalwahl.
Wie aktuell unser jugendpolitisches Engagement ist, zeigt der aktuellen 15. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung. Es werden Angebote gefordert „um Demokratieförderung und Radikalisierungsprävention in den Lebenswelten der Jugendlichen zu stärken und auszubauen.“ Es gilt Jugendliche vor allem durch politische Bildung für die Teilhabe an der Demokratie zu begeistern. Gefordert wird auch eine neue Kultur der politischen Bildung und der Demokratiebildung und der Bericht plädiert mit Nachdruck für eine ernsthafte, nachhaltige, deutlich verstärkte politische Bildung und Demokratiebildung im Jugendalter.
Ein deutliches Einfordern politischer Bildung – und zwar durch die Jugendarbeit .
Dieser gelingt es gerade die jungen Menschen zu erreichen, die oftmals für solche Themen nicht erreichbar sind. Politische Bildung darf kein ‘Surplus‘ von ausgewählten Institutionen des Aufwachsens sein und muss gerade die politikferne Zielgruppen erreichen. „Dabei ist die große Stärke der Kinder- und Jugendarbeit, dass sie politische Bildung über die Vermittlung von Wissen hinaus, als einen Ort der eigenen Interessenfindung und der Selbstpositionierung für gesellschaftliche und individuelle Belange begreift und – leichter als die Schule – politische Bildung in den Kontext der Alltagswelten Jugendlicher stellen und mit ihnen gemeinsam gestalten kann.“ [15 Kinder- und Jugendbericht S. 67]

2. Der SJR ist die Instanz für die Beteiligung (i.S.d. 41a. GO)

Die gelingende Beteiligung im Sinne des §41a der Gemeindeordnung ist wichtig. Hier setzt der SJR an, seit 2016 als Modellvorhaben des Landes „Attraktives Weinheim“. Und dies in Kooperation mit den Jugendmedien Weinheim. So gelingt es uns auch über die sog. „neuen“ Kanäle junge Menschen zu erreichen.
Beteiligung, Partizipation, Mitwirkung und politische Bildung korrelieren. Die Jugendarbeit kann anders und wirksamer als die herkömmliche Schule, politische Bildung und damit verbundene Handlungsoptionen konkret erfahrbar und erlebbar machen.
Und das machen wir dann ganz praktisch. Die Kinder- und Jugendarbeit muss direkt an der demokratischen Gestaltung des Gemeinwesens mitwirken, Jugendliche „mitnehmen“ und zur Mitwirkung befähigen. Dies bedeutet aber eine aktive politische Partizipation und Interessenvertretung auch gegenüber der Kommunalpolitik und sich einzumischen in konkrete lokale Entscheidungsprozesse, die die Lebenslagen Jugendlicher und ihre Alltagsbedingungen des Aufwachsens direkt betreffen.

3. Stärkung der Verbände

Wesentlich wird es sein, wie der E.V. sich entwickelt. Sind wir in der Lage die neuen Strukturen und die neuen Organisationsformen der Jugend in den Verband in den E.V. mit aufzunehmen? Können wir uns so modernisieren, dass wir nicht alle und jeden „zwingen“ sich in die Vereinsform zu pressen? Wie bekommen wir hier die Initiativen, aber auch die Nichtorganisierten in unseren Stadtjugendring. Als „traditioneller“ Verband, nach 70 Jahren trifft auch uns die Frage, wie und wer engagiert sich noch und wie können wir wen zur Mitarbeit gewinnen. Wie gelingt es eine gemeinsame Identität zu finden?

4. Image stärken

Die aktuelle Umfrage – es geht um das Kriminalitätsempfinden in Weinheim – von Prof. Dr. Hermann veröffentlicht wurde sagt: „Lebensbereich die von Befragten als Ziemlich oder großes Problem betrachtet werden: Jugendliche 12% Das stimmt nachdenklich.
Wie oft wird Jugend mit Drogen, Gewalt, Verschmutzung zusammengedacht. Jugend wird als ein Problemfall angesehen.
Hieraus ableitend wünsche ich mir, dass die Lobbyarbeit, die Vertretung von jungen Menschen zukünftig solche Früchte trägt, dass Jugend eben nicht mehr als „ziemliches“ oder „großes“ Problem in der Stadtgesellschaft gesehen wird.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus, wir Erwachsenen sind oftmals ein ziemliches Problem für junge Menschen.

5. Orte und Räume für Jugendliche

Die fehlen vielfach in Weinheim aber die braucht es, damit jungen Menschen ohne den zunehmenden Kontrollwahn der Erwachsenen sich entwickeln können. Handyüberwachung und co mancher Erwachsenen kennen wir – dagegen ist der BIG Brother ein kleiner Zwerg. All dies ist der Entwicklung zu einer eigenständigen Persönlichkeit nicht förderlich. Es braucht Orte und Räume, in den jungen Menschen nicht vertreiben werden, wie selbst von manchen Spielplätzen hier in Weinheim. Es braucht aber auch Räume, in denen Demokratie und politische Bildung „geübt“ werden können.
Zu unserem 100 jährigen Jubiläum kommen dann auf rund 18% bis 21jährige fast 30% Ü 68jährige. Die Gewichte verschieben sich. Die Belange und Themen von jungen Menschen finden auch jetzt schon immer weniger Beachtung. Jugend droht als wichtiger Lebensabschnitt schon jetzt aus dem öffentlichen Raum zu verschwinden.

Aus dem Gesagten abgeleitet formuliere ich abschließend drei Wünsche:
1. … mehr politisch aktive junge Menschen. Im Jugendgemeinderat, in der Schülervertetung, in den Jugendhearings oder – konferenzen und im auch im Gemeinderat. Vielleicht gelingen schon 2019 da erste Schritte. Und es braucht ein mehr an Entscheidungsmöglichkeiten.

2. …, dass es selbstverständlich sein wird dass junge Weinheimer*innen sich im Sinne des Jugendberichtes „einzumischen in konkrete lokale Entscheidungsprozesse, die die Lebenslagen Jugendlicher und ihre Alltagsbedingungen des Aufwachsens direkt betreffen“

3. …,dass Räume für Jugendliche vorgehalten werden vielleicht ein „Ort oder Haus der Demokratie“ , ein Ort, in dem Kinder und Jugendliche sich in vielen Projekten und Prozessen zum Thema Demokratie aber auch zur Freizeitgestaltung treffen können – quasi als geförderter „Ort des Engagement“

Die Zukunft kann man am besten voraussagen, wenn man sie selbst gestaltet, so Alan Curtis Kay .

Und dies wollen und werden wir, der Stadtjugendring Weinheim e.V. tun. Auch in den nächsten 70 Jahren.